Homogenes Klima im Schaltschrank
Messreihe bei Automobilhersteller belegt das große Potential der kanallosen Verdrahtung.
In modernen Schaltschränken können eine Vielzahl Bauteile und Leistungselektronik untergebracht werden. Kein Wunder, denn die Applikationen werden immer kleiner und effizienter. Da sich jedoch gleichzeitig die Wärmeverlustleistung der Bauteile nicht verringert, nimmt die Wärmeentwicklung in Schaltschränken stetig zu. Die Hersteller von Schaltschrankklimageräten optimierten darum in den letzten Jahren die Effizienz ihrer Kühlsysteme deutlich - auch wegen den stetig steigenden Energiekosten.
LÜTZE unterstützt diesen ressourcensparenden Weg der Schaltschrank- und Klimagerätehersteller mit dem AirSTREAM-Verdrahtungssystem, welches es ermöglicht das Klima im Schaltschrank so zu verbessern, dass die aktive Kühlleistung minimiert werden kann. Anders als beim konventionellen Schaltschrankaufbau mit Montageplatte, wird bei AirSTREAM die Aufbau- von der Verdrahtungsebene getrennt. So werden strömungstechnisch ungünstige Kabelkanäle vermieden. Zudem entsteht hinter dem Verdrahtungsrahmen ein Kamineffekt. Idealtypisch wird so die kalte Luft hinten nach unten geleitet und strömt vorne wieder nach oben. Auf der Rückseite der Verkabelung entwickelt sich dadurch eine „Cool Zone“. Es entsteht eine permanente Luftzirkulation zwischen wärmerer Verdrahtungsvorder- und kühlerer Verdrahtungsrückseite.
Praxisnaher Versuchsaufbau bei AUDI
Welche positiven Effekte der Einsatz des AirSTREAM-Systems auf das Temperaturniveau und die -verteilung im Schaltschrank haben kann, wurde kürzlich im Motorenwerk von Audi Hungaria in Györ in der Praxis unter Alltagsbedingungen untersucht.
Hierzu wurden vor Ort in der Produktion zwei Anlagen mit je vier Schaltschränken mit gleichen Bau- und Leistungsteilen bestückt und verdrahtet. Einziger Unterschied: Anlage I wurde mit Montageplatte und Anlage II mit AirSTREAM Rahmen ausgestattet. Beide Anlagen sind ansonsten baugleich. Betrachtet wurde jeweils das gleiche Feld Nummer 3. (Siehe Abb. 2). Die Bestückung wurde mit folgenden Feldern realisiert: 3 x 1200 mm, 1 x 600 mm, Höhe 2000 mm, Tiefe 600 mm.
Anlage I wird über ein Klimagerät mit 1.500 Watt Verlustleistung klimatisiert, Anlage II über Wärmetauscher mit 1.450 Watt. Die Verlustleistung der beiden Kühlmedien spielt bei dieser Untersuchung jedoch eine Nebenrolle, da die kalte Luft bei beiden Varianten vom Dach kommt. Der Fokus der Studie war vielmehr auf Nachweis und Wirkung gezielter Luftführung im Schaltschrank ausgerichtet, da die Luft bei AirSTREAM, im Gegensatz zur Montagetafel, frei zirkulieren kann. Beide Messungen in den Schaltschrankaufbauten waren bei gleicher Taktung jeweils für rund 6 Stunden in eine Fertigungslinie zur vollautomatischen Einpressung von Ventisitzringen und Ventilführungen in den Zylinderkopf eines V6 Otto-Motors eingebunden.
Die Dauer der Messreihen waren auf zwei Tage angesetzt. Messung I mit Montageplatte erfolgte am ersten Tag, Messung II mit einem LÜTZE AirSTREAM Rahmen am zweiten.
Nach Betriebsbeginn wurden mit Hilfe von 10 Messfühlern die Umgebungs- und Innentemperaturen erfasst. Die tatsächliche Leistungsaufnahme der beiden Anlagen wurde nicht betrachtet, da von einer identischen Taktung ausgegangen wurde. Dabei wurde berücksichtigt, dass die Temperatur besonders an den wärmekritischen Punkten im Schrank - also z.B. an den Komponenten mit hoher Wärmeverlustleistung (FU) – gemessen wird. Am Versuchstag eins wurde bei der Temperaturdaten-Erfassung beim Aufbau mit Montageplatte eine Umgebungstemperatur von 22°C gemessen, am Tag zwei beim Einsatz des LÜTZE AirSTREAM-Verdrahtungsrahmens waren es 23,9°C.
Die Messergebnisse im Detail
Beim Versuchsaufbau I mit Montageplatte (Abb. 4a) pendelten sich die Temperaturschichten nach Anlauf des Klimagerätes (ca. 40 Minuten nach Produktionsstart) zwischen 29°C und 43°C ein.
Im Detail zeigte sich am Messpunkt 9 (Abb. 4c) zwischen Schütz und Kabelkanal eine Temperatur von 38,5 - 42,5°C, am Messpunkt 8 zwischen SIMATIC ET200S und Kabelkanal eine Temperatur von 36,5 - 38,5°C und am Lufteintritt des Klimagerätes von 33,5°C. Die hohe Temperatur am Kabelkanal deutet also auf eine Luftverblockung hin, die diesen Hot-Spot hervorruft. Ein Hot-Spot der gerade noch knapp innerhalb der Toleranzen bleibt, da die Anlage auf eine Außentemperatur von 38°C und eine maximal zulässige Innentemperatur von 42°C ausgelegt ist.
Beim Versuchsaufbau II mit AirSTREAM -Verdrahtungsrahmen (Abb. 4b) pendelten sich die Temperaturschichten nach Anlauf der Wärmetauscher (ca. 37 Minuten nach Produktionsstart) zwischen 30°C und 34°C ein. Im Detail (Abb. 4c) zeigte sich am Messpunkt 9 zwischen Schütz und SIMATIC ET200S eine Temperatur von 31 - 33,5°C, am Messpunkt 8 zwischen SIMATIC ET200S und Klemmen eine Temperatur von 32 - 33,5°C und am Luftaustritt des Wärmetauschers von 29,5°C. Würde die Luft beim Austritt des Wärmetauschers identisch der Temperatur des Klimagerätes entsprechen, würden die Kurven linear ansteigen. Trotzdem ist die Luft homogen und nicht geschichtet wie bei der Montageplatte. Hot Spots sind beim LÜTZE AirSTREAM-Verdrahtungsrahmen kaum erkennbar.
Beim Vergleich der beiden Schaltschrankaufbauten ist außerdem zu berücksichtigen, dass der AirSTREAM-Versuchsaufbau II mit ungünstigeren Rahmenbedingungen belastet war: So lag die Umgebungstemperatur mit 1,9°K deutlich höher als am vorangegangenen Tag 1 der Messreihe. Bei gleicher Außentemperatur wäre somit der Schrank mit dem LÜTZE AirSTREAM-Verdrahtungsrahmen innen entsprechend weitere 1,9 K kühler gewesen und die Kurven würden dementsprechend tiefer verlaufen. (Abb. 4b)
Fazit: Entwärmung lässt sich nachweisen
Die Studie belegt, dass mit dem Einsatz des AirSTREAM Verdrahtungsrahmen eine spürbare Entwärmung und Homogenisierung des Schaltschrankklimas möglich ist. Damit werden die eingebauten Geräte nicht nur vor einem schleichenden Hitzekollaps bewahrt, auch deren Lebenserwartung erhöht sich.
Weitergehende theoretische Betrachtungen mit der online verfügbaren AirTEMP-Anwendung zeigen, dass auf ein Klimagerät hätte verzichten werden können. Bei einer angenommenen Umgebungstemperatur von 25°C und unter der Maßgabe, dass in der Regel 70% der Komponenten gleichzeitig betrieben werden (Gleichheitsfaktor), müsste allenfalls ein Lüfter, wie z.B. der LÜTZE AirBLOWER eingesetzt werden. (Siehe Abbildung 5).
Weitere nachhaltige Klimaverbesserungen könnten z.B. unter Verwendung der LÜTZE AirBLADES erzielt werden. Diese ermöglichen eine zielgenaue Kühlluftführung im Schaltschrank. Dadurch lassen sich in der Umgebung von Komponenten mit einer hohen Verlustleistung Hot-Spots aktiv minimieren.
Autor: Michael Bautz, Produktmanager Cabinet-Solutions Friedrich LÜTZE GmbH