
Draußen hochsommerlich - Drinnen passiv gekühlt
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Schaltschränke, besonders von Maschinen oder Anlagen bedeuten für den Betreiber in erster Linie Platzverbrauch und laufende Kosten für die nötige Kühlenergie.
Wie sich beides nennenswert verringern lässt, zeigt das Beispiel einer Mehrformat- Verpackungsmaschine der BEUMER Group – wenn ein AirSTREAM-Verdrahtungssystem von LÜTZE im Schaltschrank sitzt. Am Firmensitz in Beckum, NRW, haben im Rahmen einer Projektarbeit drei angehende Techniker ganz tief in den Schaltschrank geschaut: In peniblen Messreihen wurden die Temperaturen in zwei Schaltschränken erfasst: Die Montageplatte vs. AirSTREAM-Verdrahtungsrahmen – das knistert vor Spannung.
Doch der Reihe nach: Die BEUMER Group ist mit 5.500 Mitarbeitenden ein international führender Hersteller von Intralogistikanlagen und -systemen. Also alles, was Fördern, Verladen, Palettieren, Verpacken oder Sortieren betrifft – und das für den Hochleistungsbedarf.
Passiv kühlen bei 35°C Außentemperatur?
Anlass für das Projekt waren Fragen wie: Gehört zu unseren innovativen und modularisierten Maschinen nicht auch ein innovatives Schaltschrankdesign? Was ließe sich mit einem kanallosen AirSTREAM erreichen? Könnten wir passiv kühlen – sogar bei hohen Umgebungstemperaturen?
Gemessen wurde im Schaltschrank einer BEUMER stretch hood®-Maschine: Diese überzieht eine hochflexible Folie über Vollpaletten, z.B. mit Zementsäcken, sodass diese transportsicher verpackt sind und auch außen gelagert werden können. Im zur Maschine gehörenden Schaltschrank mit Klimagerät ist bislang ein Exemplar von 2.000 x 1.800 (H x B) mm verbaut. Nicht zuletzt auch dank langjähriger guter Verbindungen konnte man den LÜTZE Vertriebsingenieur Rudolf Killmann von den Fragestellungen begeistern. Gemeinsam mit Produkt Markt Manager Bernd Hütter unterstützte er das Projekt zur passiven Schaltschrankkühlung mit einem individuellen AirSTREAM-Rahmen und Temperatursensoren. Mittels des Online-Tools AirTEMP 2.0 zeigten erste Simulationen: Ja, das geht durchaus.
Dann mal los zur Praxis. Das Spannendste vorweg: „Tatsächlich konnten wir einen Schrank konzipieren, bei dem sich die Klimatisierung bis 35°C Umgebungstemperatur eliminieren lässt.“, berichtet Marc Hilgenstock, Senior Expert Forschung und Entwicklung bei Beumer. Tatsächlich könne man bei einer solchen Maschine durch Wegfall der Klimaanlage die Betriebskosten um 24 Prozent reduzieren – und auch den CO2-Fußabdruck. „Einen solchen Hebel erzielt kein Energiesparantrieb der Welt“, ist Hilgenstock überzeugt, der die drei Jungtechniker beim Projekt betreute.
An Größe, Gewicht und Kosten gespart
Auch den zweiten Systemvorsprung von AirSTREAM kann er bestätigten: „Bisher war der Schaltschrank 1.800 mm breit. Nun reicht ein Format von 1.200 mm. Der Schrank wird mal eben ein Drittel schmaler.“ Das sei im Dialog mit Endkunden durchaus wichtig bei der Frage des Aufstellortes. In puncto Produktdesign und Innovationskraft biete die Lösung zudem große Vorteile. Außerdem seien noch genügend Ausbaureserven vorhanden – in etwa so wie beim größeren, konventionellen Schrank.
Ein weiteres Plus des schlanken Formats: Das Transportvolumen ist signifikant kleiner, weil der Verzicht auf ein sperriges Klimagerät auch Schranktiefe spart, was die Logistikkosten ebenso senkt wie das von 520 auf 320 kg reduzierte Gewicht.
Schaltschränken kräftig eingeheizt
Die Messreihen hat Till Jagusch aus dem Bereich Electrical Engineering bei Beumer durchgeführt. Im Rahmen seiner Technikerausbildung erarbeitete er gemeinsam mit weiteren Kommilitonen dieses Projekt in einer halbjährigen Facharbeit.
Wie und wo entstehen Hotspots mit und ohne Klimagerät? Darauf war die Recherche abgestellt. Die BEUMER stretch hood®-Verpackungsmaschine wurde unter Belastung gesetzt, um die Temperatur im Schaltschrank zu erhöhen. Normalerweise zieht die Maschine eine Stretchfolie über eine Palette samt Ladegut. Also hätte man für jede einzelne Messung die Folie wieder abziehen müssen. Ideenreich wurde daher die Kraft des Folienziehens mit starken Gummibändern so simuliert, dass die Belastung dem regulären Betrieb beim Kunden vor Ort entspricht.
Um die Umgebungstemperatur mittels Heizgebläse auf die gewünschten 30, 35 und 40°C zu erwärmen, hatte das Team als Klimakammer eine große Holzbox gebaut und diese dem jeweiligen Testschrank übergestülpt. Gemessen wurde zunächst am konventionellen Schaltschrank, jeweils mit und ohne Klimagerät in den drei Temperaturstufen. Das gleiche dann beim kleineren Schaltschrank mit AirSTREAM Rahmen: einmal mit AirBLOWER Lüfter zur internen Luftumwälzung und dann ohne diesen. In Summe also 12 Messungen, für die immer 9 Temperatursensoren im Schaltschrank platziert waren. Eine Wärmebildkamera erfasste zudem die Hotspots.
Hotspots ganz kühl betrachtet
Das Ergebnis aller akribisch dokumentierten Messreihen hier kurz zusammengefasst: Mit AirSTREAM wird die Innentemperatur im Schaltschrank deutlich homogenisiert, Hotspots lassen sich vermeiden. Ein Beispiel aus einer der zwölf Messreihen: Bis zu 35° Außentemperatur kann der Schaltschrank trotz des geringeren Schrankvolumens noch genug warme Luft über die Außenwände abstrahlen, ohne ein Klimagerät einzusetzen.
Da der AirSTREAM-Rahmen äußerst kompakt baut, ergeben sich schon in der Fertigung des Schranks bei Beumer Vorteile: So lassen sich Display und Bedienelemente günstiger in der Seitenwand platzieren, womit man in einer Art Vorfertigung aufbauen, teilbestücken und später ganz nach Kundenwunsch links oder rechts einsetzen kann – gut für die flexiblere Aufstellung an der Maschine. Was den Kunden noch erfreuen wird: Das leichtere Anklemmen der Feldleitungen, da die Reihenklemmen optimal sitzen. Für einen erfahrenen Elektrotechniker ist das laut Hilgenstock „ein Augenschmaus“. Alle Leitungen aus dem Feld kann er ohne Tüfteln einfach anschließen.
Autoren:
Rudolf Killmann, Vertriebsingenieur, Friedrich Lütze GmbH
Bernd Hütter, Produktmarktmanager, Friedrich Lütze GmbH